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"Musik gegen die Neunziger" - Story aus VISIONS Nr.56 - Quelle: www.visions.de


Hamburg 1997. Punkrock ist immer noch nicht tot in der Stadt, die mit Slime, Razzia und Angeschissen in den späten Siebzigern und Achtzigern exzellente Bands hervorbrachte, in den letzten Jahren aber eher studentische Kost vom Schlage Blumfeld, Die Sterne oder Tocotronic zum musikalischen Aushängeschild machte. Denn da sind ja noch ...But Alive, die in den letzten fünf Jahren die Meßlatte für intelligenten, politischen und auch musikalisch anspruchsvollen Punkrock um ein ganzes Stück höher legten.

Trotzdem unkt der Titel des neuen, dritten B.A.-Albums "Bis jetzt ging alles gut...", doch wenn man sich die regelmäßig überfüllten Konzerte - vier- bis fünfhundert Leute sind mittlerweile fast die Regel - von Marcus (Gesang & Gitarre), Torben (Bass), Frank (Schlagzeug) und Hagen (Gitarre) so anschaut, gibt es eigentlich keinen Grund zum Pessimismus. Vor allem der hohe Anteil junger Punks (und damit meine ich tatsächlich bunthaarige Lederjackenmenschen und nicht das Fat Wreck-Kapuzenpulligewimmel) ist erstaunlich. "Dieses Phänomen habe ich auch noch nicht so ganz ergründen können, denn wir machen sicher keine Texte, die nur junge Leute ansprechen", meint Marcus. "Junge Leute", soso: "Klar, wir sind ja selbst keine jungen Leute mehr, sondern versuchen Musik für Siebzigjährige zu machen", flachst der Zwei-Meter-Mann aus dem Norden.

Ihr relativer Erfolg ist ...But Alive also schon beinahe unheimlich, und auch umso mehr erstaunlich, als sie den Status, heute neben Wizo, Boxhamsters, EA 80 und Dackelblut zu den beliebtesten deutschen Punkbands zu gehören, seit dem _93er Debüt "Für uns nicht" in D.I.Y.-Manier erreicht haben, von der "großen" Musikpresse fast unbeachtet und nur unterstützt von unzähligen Fanzineartikeln und bislang sieben (!) Touren durch die autonomen Zentren und Jugendhäuser der Republik. "Tja, ich weiß auch nicht, was ich dagegen machen soll, daß uns fast alle mögen", grübelt Marcus. "So ganz geheuer ist es mir nämlich nicht, wenn mal wieder der ganze Saal die Songs mitgrölt. Da schauen wir uns auf der Bühne gegenseitig an und verstehen das nicht so recht. Warum müssen die Leute auch einen Song wie `Korrekt` mitsingen, als sei er eines der Zehn Gebote. Das ist mir persönlich viel zu rockmäßig, das ist Rock, das ist BAP, und dagegen sind wir ja schließlich angetreten."
Antreten und eintreten, das tun ...But Alive permanent, mit ihren Ansagen und ihren Texten. Sie machen keinen Hehl daraus, daß sie irgendwo links stehen, doch eindimensionale, phrasenhafte Agitation ist nicht ihr Ding, obwohl Marcus sich zu Slime als seinen großen Vorbildern bekennt und die mitunter doch recht plakative Slogans prägten. Marcus: "Slime waren und sind für uns ein elementarer Einfluß. Allerdings war mir immer bewußt, daß ich meine Texte für hier und jetzt schreiben muß, für die Neunziger. Man kann es so ausdrücken, daß ich beim Songschreiben außer Slime auch Descendents, Leatherface, Boxhamsters und EA 80 im Kopf habe, mit dem Bewußtsein, daß das, was Slime gesagt haben, auch heute noch richtig und nicht vorbei ist. Und obwohl die Neunziger meiner Meinung nach das deprimierendste Jahrzehnt für politische Texte sind, so bin ich mir doch sicher, daß es besser und richtig ist, noch etwas zu sagen, als völlig zu verstummen."

Dieses "Trotzdem!" zieht sich wie ein roter Faden auch durch die Texte der 17 Songs von "Bis jetzt ging alles gut...", deren Cover auch diesmal wieder vom New Yorker Politgrafiker Eric Drooker gestaltet wurde. In Zeiten, da sprachlose Musik wie Techno mit ihrer diffusen "Freude, Ficken, Drogen"-Botschaft selbst autonome Kreise infiziert hat, verweigern sich ...But Alive sowohl dem erhobenen Zeigefinger wie der Resignation, thematisieren immer wieder den Konflikt zwischen der Notwendigkeit zu politischem Engagement und der Frustration angesichts der Erkenntnis, daß sich höchstens etwas zum Schlechteren hin verändert.

Auf ihrer Frühjahrstour wurden die Hamburger übrigens unterstützt von F.Y.P. aus Los Angeles, guten Freunden, denen man für die Hilfe bei der USA-Tour letztes Jahr einen Gefallen schuldig war. Eine deutsche Band mit deutschen Texten ohne US-Veröffentlichungen auf Tour in Kalifornien - das geht? Das geht! "Wir sind von Los Angeles aus die ganze Küste hochgetourt, bis nach Kanada, und dort haben sich unsere Freunde von Propagandhi und I Spy um uns gekümmert. Insgesamt waren wir dreieinhalb Wochen unterwegs, und es war cool", erzählt Marcus. "Die Sprachbarriere habe ich damit zu überwinden versucht, daß ich sehr lange Ansagen auf Englisch machte. Und was soll ich sagen, gerade in Kanada haben uns die Leute abgefeiert, wollten sogar Zugaben, was da sonst ziemlich unüblich ist. Kalifornien war auch o.k., aber wir wurden eher mit wohlwollender Distanz betrachtet."

Joachim Hiller